Motivation ist wie eine Art fliegender Teppich: Wer motiviert ist, der steckt in der Regel auch Rückschläge ganz gut weg, der steht wieder auf, richtet seine Krone und beginnt von Neuem, den Weg zu seinem Ziel zu suchen. Wer motiviert ist hat Freude am eigenen Tun, selbst wenn nicht immer alles wie gewünscht gelingt. Doch was tun, wenn es mit der Motivation einmal hapert, wenn sich dieser erstrebenswerte Zustand einfach nicht einstellen will? Für diesen Beitrag hat Kristin Thielemann einige Praxistipps für Sie zusammengetragen, die Sie auf der Suche nach Ihrer Selbstmotivation unterstützen sollen.
Mit dem Wissen um die dreiteilige „Motivationsspirale“ können Sie sich selbst sehr gut aus dem Zustand der Demotivation befreien. Die „Motivationsspirale“ sieht so aus:
Üben –> Fortschritt –> Motivation –> Üben –> Fortschritt –> Motivation usw.
Wenn es gut läuft, befinden Sie sich in einer Aufwärtsspirale: Sie üben, machen dadurch Fortschritte, was sich positiv auf Ihre Motivation auswirkt. Diese Motivation beflügelt Sie, weiter zu üben, was wiederum zu Fortschritten und schließlich neuer Motivation führt. Sie können also beispielsweise das Wort „häufig“ in diese Motivationsspirale einsetzen: häufig Üben ->häufig Fortschritte ->häufig Motivation. Oder versuchen Sie es einmal mit dem Wort „immer“, dann wird es sogar noch besser!
Mit dieser Motivationsspirale können Sie allerdings auch die Abwärtsrichtung beschreiben. Setzen Sie einmal die Worte „nie“ oder „selten“ ein: Nie üben ->nie Fortschritt ->nie Motivation. Wenn Sie die Abwärtsspirale wieder verlassen möchten, müssen Sie also an einem dieser drei Punkte (Üben, Fortschritt, Motivation) ansetzen und ihn insoweit ändern, als dass die nachfolgenden Punkte ebenfalls beeinflusst werden. Beispiel: Ihre Motivation ist auf dem Nullpunkt, ihre Fortschritte tendieren ebenfalls gegen Null und ihr Musikinstrument halten Sie äußerst selten in der Hand. An welchen Punkten können Sie am leichtesten etwas ändern? Mein Vorschlag wäre, sich zunächst ein realistisches Ziel, eine Motivation zu suchen, wohin Sie überhaupt möchten. Dann beginnen Sie zu üben – möglicherweise mit einem guten Lehrer als Unterstützung – und schon werden Sie Ihre Fortschritte spüren. Dieses wirkt sich positiv auf Ihre Motivation aus und Sie sind gewillt, weiter zu üben. Schon befinden Sie sich wieder in der Aufwärtsspirale. Auch wenn wir unterrichten, können wir bei Schülern diese Dynamik beobachten. Wenn junge Menschen nicht selbst den Weg aus einer Abwärtsspirale heraus finden, sind die Instrumentallehrkräfte gefragt, hier mit guten Konzepten gegenzusteuern, damit neue Motivation entstehen kann, die sich in eifriges Üben und in Fortschritte verwandeln lässt.
Aber nicht immer ist die Lage einfach. So kann man als Amateurmusiker, aber auch als Musiklehrer einiges tun, damit die Motivation dauerhaft erhalten bleibt. Hier möchte ich Ihnen fünf Stichworte mit auf den Weg geben, die jeder für sich allein genommen, aber vor allem in Kombination einen positiven Effekt auf die Motivation haben können:
1. Routine
2. Leichtigkeit
3. Mindset
4. Ziel
5. Vernetzung
1. Routine
„Das Schwerste am Joggen ist der Weg vom Sofa zur Haustür“, hat einmal ein Personaltrainer gesagt. Damit trifft er natürlich voll ins Schwarze, denn wer sich erst einmal überwindet, etwas zu tun, hat auch schon fast gewonnen. Hier kann eine gute Routine helfen: Suchen Sie sich einen festen Zeitpunkt. Beispielsweise immer montags, mittwochs und samstags um 18 Uhr. Je regelmäßiger, desto besser. Reservieren Sie sich diesen Termin und setzen Sie sich das Ziel, ihre Überoutine über eine bestimmte Dauer durchzuhalten, zum Beispiel einen Monat lang. Halten Sie diese festgelegten Zeiten ein, denn nichts ist mühsamer und belastender, als wenn man diese Vorhaben immer wieder verschiebt. „Mache ich morgen ... nein, übermorgen oder doch besser erst nächste Woche?“ Je konsequenter Sie am Anfang durchhalten, desto leichter wird es für Sie.
2. Leichtigkeit
Füllen Sie Ihre Übezeit mit schönen Dingen: Wenn Sie bereits mit einem Lied starten, welches Sie gut können und gerne auf Ihrem Instrument spielen, wird Sie das glücklich machen. Diese Ausschüttung von Glückshormonen im Gehirn bewirkt, dass Sie leichter lernen werden und mit nachfolgenden, kniffligeren Aufgaben leichter fertig werden. Es ist zudem sinnvoll, das Üben nicht rein auf das Instrumentale zu beschränken: Auch Bewegungs- oder Atemübungen sowie mentales Üben gehören zu einer Trainingseinheit dazu und können sehr viel Positives bewirken.
Aber nicht an jedem Tag geht das Musizieren leicht von der Hand. Jeder Mensch hat einmal Momente, in denen nichts klappt. Gestehen Sie sich diese zu, statt verbissen weiterzuackern. Gönnen Sie sich an solchen Tagen etwas Schönes (ein Stück Schokolade oder eine Tasse Kaffee vielleicht), legen Sie Ihr Instrument beiseite und starten Sie am nächsten Tag wieder mit Leichtigkeit und Schwung neu durch.
3. Mindset
Seien Sie gut zu sich selbst und schaffen Sie für sich persönlich besondere Impulse, die Sie motivieren. Das kann die Teilnahme an einem Workshop oder Webinar bei einem berühmten Instrumentalisten sein oder auch die Live-Lektionen bei dem Lehrer des Vertrauens. Suchen Sie sich Inspiration bei Konzertbesuchen oder auch beim Hören toller neuer Aufnahmen. Und sparen Sie vor allem nicht beim Material: Ein hochwertiges Instrument, welches leicht spielbar ist, einen guten Klang und eine hervorragende Intonation bietet, wird Ihnen beim Üben viel mehr Freude bereiten als die billige Supermarkt-Klarinette, -Trompete oder -Querflöte.
Ebenfalls auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Notenausgaben mit ergänzenden Audio-Demos und PlayAlongs bewirken, dass Sie viel gutes Material haben, aus dem Sie auswählen können, in welchem Sie auf Entdeckungsreise gehen und sich neue Ziele setzen können. Das sollten Sie in jedem Fall dem Kopienstapel oder auch den Ausdrucken aus dem Internet vorziehen! Während Sie in Ihrer neuen Notenausgabe schon das x-te Stück durchspielen und Freude haben, sitzen andere Musiker vor dem Internet, auf der Suche nach geeigneten Noten, die zunächst noch bezahlt sein wollen („Wie war noch mal das PayPal-Passwort?“) und anschließend ausgedruckt werden müssen („Haben wir noch irgendwo eine neue Druckerpatrone?“). In dieser Zeit haben Sie längst entspannt und vor allem mit geeignetem Material geübt.
4. Ziel
Etwas ohne ein Ziel zu tun, kann auf den ersten Blick sehr entschleunigend wirken, aber sich leider auf die Dauer negativ auf die eigene Motivation auswirken. Suchen Sie sich am besten kurzfristige, mittelfristige und langfristige Ziele, die Sie auf einem Zeitstrahl notieren. Beispielsweise möchten Sie als kurzfristiges Ziel innerhalb der nächsten vier Wochen eine bestimmte Notenausgabe durchspielen können, mittelfristig streben Sie die Aufnahme in ein bestimmtes Ensemble an und langfristig möchten Sie gerne ein Werk solistisch vor Publikum spielen. Hängen Sie sich diesen Ziele-Zeitstrahl gut sichtbar an Ihrem Übeplatz auf und überprüfen Sie in regelmäßigen Abständen, ob Sie noch auf dem richtigen Weg sind. Gehen Sie also ruhig häufiger intensiv auf die Suche nach lohnenswerten Zielen und Vorbildern!
5. Vernetzung
Gemeinsam mit anderen zu musizieren oder zu lernen ist ebenfalls ein sehr wertvoller Punkt, wenn es darum geht, seine eigene Motivation dauerhaft aufrecht zu erhalten. Denn wer im Motivationstief am liebsten sein Instrument an den Nagel hängen würde, damit aber auch gleich einen Freundeskreis verlieren würde, der wird sich im Zweifel erst einmal durchbeißen und dabeibleiben. Diese Vernetzung ist vor allem bei musizierenden Kindern und Jugendlichen ein extrem wichtiger Eckpfeiler, um ihnen den Weg durch ein Motivationstief zu erleichtern.
Durch die Vernetzung mit anderen Musikbegeisterten ergibt sich zusätzlich ein wertvoller Austausch: Wodurch lassen sich andere motivieren? Welche Ziele haben sie sich gesteckt? Welche Musikstücke spielen sie, die sich möglicherweise auch im eigenen Repertoire gut machen könnten? Gibt es neue Notenausgaben, Konzerte, Workshops, Webinare? Wer Mitglied in Social Media Gruppen ist, kann hier neue Bekanntschaften mit anderen musikalisch interessierten Menschen schließen.
Abschließend sollten Sie nie vergessen, dass es nicht das eine Wundermittel für eine hohe Motivation gibt. Die eigene Motivation ist ein komplexes Zusammenspiel vieler Faktoren, die sich bei jedem Menschen anders auswirken. Eine kompetente Musiklehrkraft oder ein erfahrener Coach hilft Ihnen, dauerhaft die Freude am Musizieren zu erhalten oder sogar auszubauen.
Weitere Infos unter: www.vollmotiviert.com
blasmusik Ausgabe 01-2021 | Autorin: Kristin Thielemann
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