Ein Muss für Blechbläser mit oder ohne Tool

Summ, summ, summ ... Bienchen summ herum. Dass mir bei der Recherche zum Thema Buzzing als Erstes dieses Kinderlied in den Sinn kommt, liegt nahe. Bedeutet der englische Begriff Buzzing doch wörtlich übersetzt nichts anderes als Summen. Für Blechbläser:innen indes meint das eingedeutschte Buzzen längst weitaus mehr. Für sie ist das Buzzen eine unverzichtbare Übung und ein unerlässliches Ansatztraining – mit und ohne Zubehör.

„Buzzing is probably the greatest fundamental you can go back to“, ist sich der amerikanische Trompeter Chris Davis sicher. Denn beim Buzzen wird das in den Blick genommen, was der Kern des Blechbläserspiels ist: Der Mensch ist der Tonerzeuger, der allein durch die Schwingung der Lippen den Ton erzeugt. Die Instrumente verstärken letztlich nur den Ton. Für Trompetenlehrer Daniel Forsnabba ist es deshalb nur folgerichtig, sich „um die Art der Tonerzeugung zu kümmern“. „Es liegt daher nahe, Töne auch ohne Instrument zu erzeugen und dabei bestimmte Aspekte in den Fokus zu rücken, die beim normalen Spielen untergehen.“

Das ist nichts Neues. „Es gibt schon seit Langem verschiedene Arten, um neben dem Spielen des Instruments auch die Lippenmuskeln zu trainieren und aufzubauen“, weiß etwa der niederländische Mundstückspezialist Henk Rensink und erinnert an die alte Methode mit dem Bleistift zwischen den Lippen. „Nachteil ist hier, dass man den Bleistift oft krampfhaft festhält und die Lippenmuskeln nicht bewegt, weil diese zu wenig Energie erhalten“, gibt er zu bedenken. Dies könne die Lippenmuskulatur schädigen und schlimmstenfalls zu deren Ausfall führen. Rensink empfiehlt stattdessen das Buzzing nur mit den Lippen oder mit dem Mundstück. Dass sich das Buzzing positiv auf das Spiel mit dem Instrument auswirkt, ist indes unbestritten. Der amerikanische Trompeter James Thompson, der zum Buzzing eine vollständige Methode herausgegeben hat, bestätigt das mit Nachdruck. „Das Summen auf dem Mundstück hat viele Vorteile, wenn es systematisch und aufmerksam durchgeführt wird. Da das Mundstück weniger Widerstand bietet als das Instrument, hilft das Summen, den Spieler daran zu gewöhnen, mehr Luft zu verwenden. Dieser stärkere Luftstrom trägt dazu bei, dass sich die Lippen entspannen und freier schwingen können, wodurch ein resonanterer Klang entsteht.“
Spätestens an dieser Stelle gilt es, den Vorgang an sich zu erklären. Wie funktioniert das Buzzen überhaupt ganz praktisch? Beim Buzzen wird ohne Mundstück geübt und versucht, einen Ton allein durch Lippenschwingung zu treffen und gerade zu halten. Dabei geht es, wie Daniel Forsnabba erklärt, „vor allem um die Koordination von Luft und Lippen. Die beiden Kräfte Luft und Lippen sind Gegenspieler. Wenn sie im Gleichgewicht sind, entsteht ein Ton. Wird eine der beiden Kräfte verändert, muss die andere unmittelbar in gleicher Stärke mitverändert werden. Sonst bricht der Ton ab oder er spricht nicht an.“

Lippensummen erfordert sehr viel Kraft und die richtige Technik

Um das Buzzen zu praktizieren, braucht es einen sicheren Zugriff auf die Mundwinkel, die stabilisierend wirken. Die Blechbläser:innen sollten außerdem bereits eine große Geschicklichkeit bei bestimmten Zungenbewegungen entwickelt haben. Sind diese beiden Voraussetzungen gegeben, dann kann man üben, durch einfaches Einklappen und Lockerlassen der Lippen die Tonhöhe sehr flexibel zu verändern. Die Luft wird hierbei durch die Zunge entsprechend angepasst und die Bläser:innen lernen durch die praktische Erfahrung, dass für Tonhöhenveränderungen nur winzige Veränderungen nötig sind. Durch regelmäßiges Trainieren stellen sich positive Effekte ein: „Dadurch wird die Höhe leicht. Dadurch werden Sprünge leicht. Dadurch steigerst du deine Flexibilität“, bringt es Daniel Forsnabba auf den Punkt und empfiehlt: „Jeder der genannten Schritte ist für sich genommen wertvoll. Gehe langsam in deinem Tempo voran, so lernst du am schnellsten.“

Seine Ausführungen lassen eines bereits anklingen: Buzzen ist ziemlich anspruchsvoll. Zur Erhaltung der Lippenspannung ist nämlich sehr viel Kraft und die richtige Technik erforderlich. Das Buzzen mit den Lippen benötigt deshalb sehr viel mehr Energie, weil bei ihm Rahmen und Stabilität fehlen, die sonst durch den Mundstückrand definiert werden. Die größere schwingende Fläche beim reinen Lippensummen muss nun erst wieder muskulär begrenzt und der Rahmen muskulär erzeugt werden. Zudem fehlt die Rückkopplung des Instruments, die für das Einrasten der Töne sorgt. Für Daniel Forsnabba ist das nicht nur die Erklärung dafür, warum Lippensummen und auch das Mundstückspielen schwieriger sind als das Instrumentenspiel, sondern auch der Grund, warum er in seiner Zeit als Musikschullehrer damit aufhörte, Anfänger auf dem Mundstück spielen zu lassen. „Man fängt sinnvollerweise mit dem Leichten an“, ist seine Überzeugung, und das ist das Spielen auf dem Instrument, in seinem Fall der Trompete.

Um den Übergang vom Instrumentenspiel zum Buzzing zu trainieren, wird in der Literatur Folgendes beschrieben: das Halten eines Tones auf dem Instrument und das langsame Entfernen des Instruments von den Lippen. Wer das einmal versucht hat, weiß, dass auch das eine anspruchsvolle Übung ist. Viel leichter geht es mit kleinen Trainingsgeräten, die entwickelt wurden, um einen entspannten Ansatz zu trainieren und die Muskulatur zu stärken. Mittlerweile gibt es davon im Handel eine große Auswahl. Sie reicht von Übemundstücken, zum Beispiel von Tilz, über spezielle Ansatztrainer wie den vario Liptrainer bis hin zu den sogenannten Buzzern. Auf Letztere wollen wir hier unser Augenmerk legen.

Grundsätzlich ist ein Buzzer eine Verlängerung des Mundstückes, die den Effekt hat, dass das Mundstückspielen deutlich leichter wird und sich dem Spielgefühl auf dem Instrument annähert. Und natürlich könnte man dafür jede x-beliebige Verlängerung nehmen. Denn den Effekt, dass das Mundstückspielen leichter wird, gibt es bei jeder Art von Verlängerung. Man kann als Hobbybastler ein Loch in ein Stück Holz bohren oder einfach ein Stück Gartenschlauch nehmen und schon hat man seinen Eigenbau-Buzzer. Daniel Forsnabba macht es aber einfach mehr Freude, mit einem „richtigen“ Übetool zu üben, anstatt mit einem Stück Gartenschlauch. „Das sollte es einem schon wert sein“, findet der Trompetenlehrer.

Buzzing mit Tools und Zubehör

Mehr noch: Sich mit Hilfs- und Trainingsmitteln das Üben zu erleichtern, ist nicht nur legitim, sondern fast schon unerlässlich. „Es ist wichtig, es sich beim Üben möglichst leicht zu machen, weil man dann positive Gewohnheiten aufbaut, anstatt Fehler (mit) einzuüben“, erläutert Daniel Forsnabba. In seiner Unterrichtspraxis erlebe er es oft, dass Probleme, wie zum Beispiel ein sauberes Glissando auf dem Mundstück auszuführen, mit einem Buzzer unmittelbar verschwinden. „Später kann man dann auch ohne Buzzer sauber spielen“, ist seine Erfahrung.

Den Blechbläser:innen steht heute eine große Auswahl an Buzzern zur Verfügung. Denn getüftelt wird an solchen Trainingsgeräten schon lange. So wurde schon zu DDR-Zeiten von Walter Dölling in Markneukirchen ein Lippentrainer hergestellt. Erfunden wurde die Konstruktion von Klaus Gutzeit aus Berlin, der dafür am 5. Januar 1969 ein Patent vom „Amt für Erfindungs- und Patentwesen“ der DDR unter der Nr. 65180 (Klasse 51c, 24/02) erhielt.

Dieser Lippentrainer diente zum Erlernen des richtigen Drucks der Lippen auf den Mundstückrand. Ziel der Übung ist es, die hierfür benötigte Kraft auf ein Minimum zu begrenzen. Bei zunehmendem Druck der Lippen auf den Kessel schiebt sich der rohrähnliche Schaft in eine andere Rohrkonstruktion des Gehäuses, bis sich die Bohrungen in den Wandungen der Rohre überlagern. Dadurch entweicht die geblasene Luft durch die Bohrungen, die Luftsäule wird unterbrochen und der Ton setzt aus.

Der Klassiker aus Chicago – der B.E.R.P.

Ein weiteres Hilfsmittel für das Buzzing ist der B.E.R.P Embouchure Builder/Ansatztrainer. Der B.E.R.P. ist auf den ersten Blick ein kleines Stück Plastik, das seitlich an das Mundrohr angebracht wird, tatsächlich ist er aber ein Erweiterungs- und Widerstandsstück, das Blechbläser:innen hilft, die richtige Atemunterstützung zu entwickeln. Die Musiker:innen blasen in den Widerstand und lassen so das Mundstück summen, während das Instrument in der normalen Spielposition gehalten wird. Mit dem B.E.R.P. können die Musiker:innen auch die Ventile ihres Instruments drücken oder den Schieber verschieben, um sich an die Tonhöhen anzupassen, die sie summen. Der Hersteller verspricht, dass die Nutzer:innen durch die Verstärkung der Verbindung zwischen dem Summen des Mundstücks und dem Spielen Vorteile für die Gehörbildung erhalten. Ohne Zweifel kommt das Spielgefühl auf dem B.E.R.P dem Spielen auf dem Instrument sehr nahe, weil man die gewohnte Spielhaltung beibehalten und durch einen kleinen Schieber den Luftwiderstand entsprechend anpassen kann. Und durch die Anbringung am Mundrohr ermöglicht der B.E.R.P. darüber hinaus ein schnelles Wechseln zwischen Mundstück- und Instrumentalspiel.

Täglich bewusstes Ansatztraining mit dem DIT

Gleichsam als Weiterentwicklung des B.E.R.P. hat der slowenische Trompeter Igor Marosevic einen kleinen zylinderförmigen Apparat, den DIT, entwickelt, der an der Außenseite des Mundstückstifts angebracht werden kann. Der DIT – die Initialen stehen für Daily Intellectual Training – eignet sich für tägliches bewusstes Ansatztraining. Das Tool zeigt Ansatzfehler an, die aus einer zu geringen Lippenspannung heraus resultieren und hilft, diese zu verbessern. Denn wenn man die Schwingungsenergie besser fokussiert, verbraucht man selbst weniger Energie, was zu einer Verbesserung der Tonqualität führt. Der DIT kann entweder nur zusammen mit dem Mundstück oder mit dem ganzen Instrument benutzt werden. Der Luftstrom kann dabei auf drei verschiedene Arten reguliert werden. In der offenen Position strömt die Luft direkt nach außen (wie beim Buzzen) und es klingt nur das Mundstück. In der halb offenen Position klingen Mundstück und Instrument. In der geschlossenen Position strömt die Luft wie gewohnt durch das Instrument, das dann natürlich als einziges klingt.

Der VHIZZPER – Übungsdämpfer und Buzzer in einem

Immer und überall – unabhängig von den räumlichen Bedingungen üben zu können – das war Christoph Baerwinds Antrieb für die Entwicklung des Vhizzpers. Das German-Brass-Mitglied Christoph Baerwind weiß, dass der Erfolg beim Musizieren maßgeblich vom Ansatz und dem Training der Lippen abhängt. Nicht immer aber stehen Musiker:innen schallisolierte Übungsräume zur Verfügung. Häufig müssen sie deshalb zu Dämpfern greifen oder sich des Buzzings bedienen. Mit dem Vhizzper hat Baerwind ein Hilfsmittel auf den Markt gebracht, das beides miteinander vereint und eine Kombination aus Übedämpfer und Buzzer darstellt. Der Vhizzper ist ein Übungsdämpfer, der die Lautstärke des Tones reduziert. Dabei ist der Luftwiderstand für den Musiker angenehm und auch die Luftführung optimal. Die Intonation bleibt – anders als beim Einsatz vieler anderer Dämpfer – nahezu unverändert. Wird das Mundstück direkt in den Dämpfer eingeführt, funktioniert er ebenso als Mundstück-Dämpfer. Daniel Forsnabba hat im Vhizzper seinen erklärten Lieblingsübedämpfer gefunden. „Man kann den Widerstand (und damit die Lautstärke) anpassen, er klingt gut und stimmt gut“, begründet er seine Wahl. Dank der patentierten Mechanik lässt sich der Vhizzper auch als Buzzer verwenden. Mit dem Vhizzper fühlt sich Buzzing für Forsnabba „fast wie Trompetespielen an“. Das Wichtigste aber: Die Doppelfunktion des Vhizzpers ermöglicht in allen Übungssituationen ein Höchstmaß an Flexibilität.

BUZZ'R – überall einsetzbar

Auch außerhalb von Übesituationen den Ansatz zu trainieren, war die Motivation von Markus Arnold für die Entwicklung des BUZZ’R. „Ich habe ihn am Anfang entwickelt, weil ich beruflich viel unterwegs war und zu Hause nicht zum Üben kam“, erklärt Markus Arnold in seinem Workshop beim Online-Festival der Schwarzwälder Horntage. Und aufgrund seiner Handlichkeit passt der BUZZ’R tatsächlich in jedes Reisegepäck und kann überall zum Einsatz kommen, sogar im Auto und auf Reisen. Schnell habe sich jedoch herauskristallisiert, berichtet Arnold, dass sich der BUZZ’R auch zu Warmspielen auf dem Weg zur Probe eigne. „In der Probe kann man dann direkt loslegen.“

Der BUZZ’R ist ein verlängernder Aufsatz für das Mundstück. Es wurde aus einem speziellen Klangholz entwickelt, das beim Reinblasen zu vibrieren anfängt und so wie eine Art Massage auf die Lippen zurückwirkt. Durch die Löcher im Klangholz wird der Widerstand des Instruments simuliert und ein sehr leichtes Schwingen der Lippen ermöglicht. Für Daniel Forsnabba ist der BUZZ’R „ein sehr schön gearbeitetes Stück Holz, das das Mundstückspielen leichter macht, für einen warmen Klang und angenehmes Spielgefühl sorgt. Fast jeder meiner Schüler spielt auf so einer Verlängerung des Mundstückes spontan besser.“ Auch zahlreiche internationale Solisten und Instrumentalisten sind von BUZZ’R überzeugt. „Da ich beim Üben auf das Buzzen großen Wert lege, ist der Buzz-R ein wichtiges Werkzeug für meine täglichen Warm-ups. Es hat einen angenehmen Widerstand beim Üben und ist überall einsetzbar, besonders auch, wenn man unterwegs ist“, lässt sich Franz Tröster, Flügelhornist/Trompeter bei Ernst Hutter und den Egerländer Musikanten, auf der BUZZ’R Webseite begeistert zitieren. Sein Kollege Alexander Wurz kann sich dem nur anschließen: „Ich bin begeistert vom BUZZ’R. Er kommt zwischen den Konzerten und zum Warm-up immer zum Einsatz. Tolle Erfindung! Ich kann den Buzz-R nur jedem empfehlen!“ Hornist Peter Arnold bezeichnet das Buzzing ebenfalls als einen ganz wichtigen Bestandteil seiner täglichen Übungen. Er empfiehlt insbesondere die Stamp-Übungen mit dem BUZZ’R auszuführen.

Zum Üben mit BUZZ’R im Speziellen und den Buzzern im Allgemeinen haben sich sowohl Peter Arnold und sein Namensvetter und BUZZ’R-Erfinder Markus Arnold als auch Daniel Forsnabba Übungen ausgedacht. Dass man alle diese Übungen prinzipiell auch nur mit dem Mundstück machen kann, steht für Daniel Forsnabba zwar außer Frage. „Mit Buzz-R geht es aber leichter und deswegen ist die Erfolgswahrscheinlichkeit höher!“ – und der Spaß vermutlich größer.

James Thompson: The Buzzing Book, The complete Method, Trumpet and all other brass instruments. Editions Bim, Switzerland. https://www.jamesthompsonmusic. com/the-buzzing-book
https://www.brasstacks.de/impressum-kontakt.html
https://www.vhizzper.de/deutsch/home
https://trompete-spielen-lernen.de/
https://trompete-spielen-lernen.de/trompeter-podcast-nr-6-christoph-baerwind/
http://www.dit.si
https://buzz-r.de/

Fitness für die Lippenmuskulatur

Neben den Buzzern sind im Handel kleine Trainingsapparate erhältlich, die zwischen den Lippen ansetzt werden, um die Muskulatur zu stärken. In diese Gruppe der Trainingsgeräte gehören der Lipmaster von Markus Arnold, der Liptrainer von Tilz (www.mundstueckbau-tilz.de),
der Varioliptrainer (www.varioliptrainer.de),
der Lipexpander für Holz- und Blechbläser und der Lippenhalter (www.brass-innovations-germany.de),
ProFILip, Facial Flex
(www.biof.com/onlinestore/facialflex.asp).

blasmusik Ausgabe 07-2021 | Autor: Martina Faller
Zum digitalen Kiosk geht es hier: epaper.blasmusix.de

Die mit einem * markierten Felder sind Pflichtfelder.

Ich habe die Datenschutzbestimmungen zur Kenntnis genommen.